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Fälligkeitserfordernis bei regelmäßig wiederkehrenden Ein­nahmen und Ausgaben

Kategoriegrafik
Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 16.2.2022 X R 2/21
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 4 Abs. 3 EStG , § 11 EStG
Streitfrage:
Kommt es bei der Zehn-Ta­ges-Regel auch auf die Fälligkeit an?

Abflussprinzip des § 11 EStG

Bei der Gewinnermittlungsart Ein­nah­men­-Über­schuss­-Rech­nung, bei den Über­schuss­ein­künften, Sonderausgaben, außer­ge­wöhn­li­chen Be­lastun­gen und bei § 35a EStG gilt das Zu- und Abflussprinzip nach § 11 EStG.

Regelmäßig wieder­keh­ren­de Ein­nah­men bzw. Aus­ga­ben

Bei den regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen bzw. Ausgaben ist die Zehn-Ta­ges-Regel des § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG zu be­ach­ten. Hierbei werden Zahlungen, die wiederkehrenden Charakter haben und in­ner­halb eines Zeitraums von zehn Tagen vor oder nach dem Jahresende ge­zahlt wer­den, dem Jahr der wirtschaftlichen Verursachung zugerechnet1.

Zeitspanne

Der Zehn-Tages-Zeit­raum umfasst die folgende Zeitspanne:

Auf die Fälligkeit kommt es an

Im aktuellen Fall hat der BFH entschieden, dass es für die Zehn-Ta­ges-Regel nicht nur auf den Zahlungszeitpunkt, sondern auch auf die Fälligkeit ankommt. Dies entspricht der ganz überwiegend von der BFH-Rechtsprechung, Finanz­ver­wal­tung und Literatur vertretenen Auf­fas­sung. Nach der Ver­wal­tungs­auf­fas­sung muss die so­wohl die Fälligkeit, als auch die Zahlung innerhalb dieses Zeit­raums liegen2.

Grundsätze bei der USt-Vorauszahlung

Im konkreten Fall ging es erneut um die Berücksichtigung der Umsatzsteuer­vor­auszahlung. Hierbei gelten nach der Rechtsprechung und Verwaltungs­mei­nung die folgenden Grundsätze:

Der Zehn-Tages-Zeitraum verlängert sich nicht, wenn der zehnte Tag auf einen Sonntag oder Feiertag fällt3.
Fällt der zehnte Tag auf einen Sonntag oder Feiertag, ver­schiebt sich in diesen Fällen nicht die Fälligkeit i. S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG4. Das be­deutet, dass die Um­satzsteuer­vor­auszahlung für die Anwendung des § 11 EStG immer am 10.1. fällig ist.
Hinsichtlich des Abflusszeit­punkts gilt Folgendes:
  • Bei einer Überweisung erfolgt der Abfluss mit Abgabe der Überweisung, so­weit das Konto die nötige Deckung aufweist5.
  • Ist dem Finanzamt eine Last­schrift erteilt, so gilt die USt als im Zeitpunkt der Fälligkeit abgeflossen und zwar unabhängig von einer späteren In­an­spruch­nah­me, soweit das Konto eine entsprechende Deckung auf­weist6.

Praxishinweise

Durch die Zehn-Tages-Regelung sollen Zufallsergebnisse, die sich durch eine Zah­lung in­ner­halb des Zehn-Tages-Zeitraums um die Jahreswende er­geben, ver­mie­den werden. In der Steuerberaterpraxis kann hierdurch auch ge­stal­tet werden.

Vermeidung von Zu­falls­er­gebnissen

Obwohl der Wortlaut des § 11 EStG nicht verlangt, dass es auf die Fäl­lig­keit ankommt, hat sich der zehnte Senat des BFH der herrschenden Mei­nung angeschlossen. Unter den Az. VIII R 1/20 und VIII R 25/20 sind vor dem achten Senat noch weitere Fälle zu dieser Problematik anhängig.
Bei der Gewinnermittlungsart Ein­nah­men-Über­schuss­-Rech­nung sind, an­hand von Bank und Kasse, die Vorgänge vom 22. - 31.12. des Vor­jahres be­­züg­lich der zeitlichen Erfassung zu prüfen. Gleiches gilt für die Vor­gänge von 1. - 10.1. des Folgejahres.
Dies gilt insbesondere für folgende Positionen:

Relevante Positionen

  • Löhne/Gehälter,
  • Lohnsteuer, Sozialversicherung,
  • USt-Vorauszahlungen,
  • Mieten, Pachten, Leasingraten,
  • Versicherungsbeiträge,
  • Telefonrechnung.
Die Verbuchung kann in Datev SKR03/SKR04 über die Konten „1450/1220 For­de­rungen nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG für § 4/3 EStG“ und „1704/3509 Sonstige Ver­bindlichkeiten nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG für § 4 Abs. 3 EStG“ erfolgen.

Verbuchung


Fußnoten anzeigen


  1.  ]H 11 EStH „Kurze Zeit“.
  2.  ]H 11 EStH „Allgemeines“.
  3.  ]BFH, Urteil v. 11.11.2014 VIII R 34/12, BStBl 2015 II S. 285.
  4.  ]BFH, Urteile v. 27.6.2018 X R 44/16, BStBl 2018 II S. 781; X R 2/17, BFH/NV 2018 S. 1286.
  5.  ]H 11 EStH „Überweisung“.
  6.  ]OFD Rheinland, Verfügung v. 29.6.2009 S 2142 - 2009/0003 - St 142, DB 2009 S. 1679; LfS Bayern, Verfügung v. 20.2.2013 S 2226.2.1-5/4 St 32, DStR 2013 S. 653, Tz. 3; OFD Nordrhein-Westfahlen, Kurz­infor­mation ESt v. 18.5.2015 Nr. 09/2014, DB 2015 S. 1630; FG Köln, Urteil v. 9.11.2017 11 K188/17, EFG 2018 S. 547; FG Düsseldorf, Urteil v. 28.4.2015 11 K 397/15 E, EFG 2015 S. 1264.