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Mieterabfindungen können zu anschaf­fungs­nahem Auf­wand führen

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Gericht / Az:
FG Münster, Urteil vom 12.11.2021 4 K 1941/20 F
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Streitfrage:
Sind Mieterabfindungen in die 15 %-Grenze des anschaffungs­na­hen Auf­wands einzubeziehen?

Tatbestands­merk­male

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG liegt ein anschaffungsnaher Aufwand vor, wenn die folgenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:

Instandhaltungs- und/oder Modernisierungsaufwendungen (nach Satz 2 ohne Aufwendungen für die Erweiterung und jährlich üblicherweise an­fal­lende Erhaltungsaufwendungen),
innerhalb von drei Jahren seit dem Erwerb,
die ohne USt 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen.

Urteilsfall

Im Urteilsfall wurde ein neu erworbenes Gebäude umfassend renoviert. Um die Re­novierungs­ar­beiten einfacher durchführen zu können, wurde den bis­heri­gen Mietern eine Miet­ab­fin­dung gezahlt, um die Mieter zum vor­zeiti­gen Aus­zug zu bewegen.

Mieterabfin­dun­gen sind in 15 %-Grenze ein­zu­beziehen

Nach Ansicht des FG Münster sind Aufwendungen „für“ In­standsetzungs- und Mo­der­nisierungs­maß­nah­men nicht nur Bau­kosten im techni­schen Sinne, son­dern es reicht ein unmittelbarer Zu­rech­nungs- bzw. Ver­an­las­sungszu­sam­men­hang zu der baulichen Maßnahme aus. Auch der Sinn und Zweck der Vor­schrift, wonach die Re­no­vie­rung einer Im­mobilie un­mittel­bar nach deren Er­werb steuerlich mit dem Erwerb einer bereits re­no­vierten und da­mit teureren Im­mobilie gleich­ge­stellt werden soll, spricht dafür.

Renovierungs­kosten und Mieter­ab­fin­dung sind AK

Nachdem im Urteilsfall unter Einbeziehung der Renovierungs­kosten die 15 %-Gren­ze überschritten wurde, gehören sowohl die Renovierungskosten als auch die Mieter­ab­fin­dung zu den An­schaf­fungs­kosten des Ge­bäudes und sind so­mit nur über die Abschreibung gewinnwirksam.

Praxishinweise

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Ein Ak­ten­zeichen ist derzeit noch nicht bekannt.
In einem weiteren Revisionsverfahren ist fraglich, ob eine Entnahme einen an­schaffungsähnlichen Vor­gang darstellt und deshalb an­schaf­fungs­na­he Auf­wen­dungen auch dann entstehen, wenn die nach der Entnahme ge­tä­tig­ten Auf­wen­dungen 15 % des Entnahme­werts übersteigen1.
Bei der Wiederherstellung beschädigter Gebäude nach der Flut­kata­stro­phe im Sommer 2021 ist § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht an­zu­wen­den2.

Fußnoten anzeigen


  1.  ]FG Köln, Urteil v. 25.2.2021 11 K 2686/18, juris (Rev. ein­ge­legt, Az. des BFH: IX R 7/21).
  2.  ]FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlass v. 23.7.2021 S 1915 - 6/48 - V A 3, juris, Tz. 4.1.7.