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Vorsteuer bei Leistungsbezug durch eine Bruchteilsgemeinschaft

Kategoriegrafik
Verwaltungs-
anweisung:
BMF, Schreiben vom 27.10.2021 III C 2 - S 7300/19/10002 :005
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 15 UStG

BMF zur Vorsteuer bei Bruchteils­gemeinschaften

Die Verwaltung hat ihre Auffassung zum Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug durch eine Bruchteilsgemeinschaft umfassend geändert und dabei vor allem die BFH-Rechtsprechung aus 20141 und 20172 übernommen. Primär ist zu differenzieren, ob es sich um eine Bruch­teils­ge­mein­schaft mit Außenumsätzen und damit um eine selbst unternehmerisch tä­ti­ge Gemeinschaft handelt oder nicht.

a)Bruchteilsgemeinschaft ist kein Unternehmer (mangels eigener Außenumsätze)

Wenn Gemeinschaft nicht selbst Unternehmer: Leistungsbezug durch Gemeinschafter

Bruchteilsgemeinschaften, die keine Unternehmer sind, sind beispielsweise Praxis­ge­mein­schaf­ten und reine Einkaufsgemeinschaften, aber auch Ehe­gat­ten­ge­mein­schaf­ten oder Erbengemeinschaften ohne Einnahmen­erzielung. Allein die unentgeltliche Überlassung eines Wirtschaftsguts durch die Bruchteilsgemeinschaft an den Gemeinschafter, begründet bei jener keine Unternehmereigenschaft. Erwirbt eine solche Bruchteilsgemeinschaft eine Leistung, ist nicht die Bruchteilsgemeinschaft selbst, sondern der jeweilige Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen. Die Frage des Vorsteuerabzugs richtet sich in der Folge danach, ob und inwieweit der Gemeinschafter die bezogene Leistung unternehmerisch nutzt. Das Vorsteuerabzugsrecht aus der bezogenen Leistung steht dem Gemeinschafter dabei nur anteilig zu, soweit der seinem Unternehmen zugeordnete Anteil der Leistung seinen Miteigentumsanteil nicht übersteigt.

Sachverhalt

Die beiden Bauunternehmer A und B (beide Einzelunternehmer) erwerben als Bruch­teils­ge­mein­schaft einen Bagger für 100.000 € zzgl. 19.000 € USt, den sie beide jeweils i. H. von 50 % in ihrem Einzelunternehmen einsetzen. A ist Regelunternehmer, B unterfällt der Klein­un­ter­neh­mer­re­gel­ung des § 19 UStG.

Stellungnahme

Der Leistungsbezug (Baggerankauf) erfolgt im Rahmen der Gemeinschaft, die jedoch selbst nicht als Unternehmer anzusehen ist. Daher gilt der Leistungsbezug i. H. der Bruchteilsquote jeweils direkt von den Gemeinschaftern A und B als bezogen. A steht hieraus ein Vor­steu­er­ab­zug zu, denn er verwendet den Gegenstand ausschließlich unternehmerisch (Vor­steu­er damit bei 9.500 €). B könnte die Vor­steu­er ebenso geltend machen, wenn § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG dem nicht entgegenstehen würde.

Praxishinweise

Sind bei gemeinsamem Leistungsbezug durch mehrere Personen die einzelnen Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen, genügt für Zwecke des Vorsteuerabzugs des einzelnen Gemeinschafters grundsätzlich eine Rechnung an die Gemeinschaft, die als Angabe nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nur den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift der Gemeinschaft enthält. Aus den Aufzeichnungen (die nach § 22 UStG von den Gemeinschaftern zu führen sind) müssen sich dann die Namen und die Anschriften der übrigen Gemeinschafter sowie die auf die Gemeinschafter entfallenden Anteile am Gemeinschaftsvermögen ergeben3.

Hinweise zur Rechnung

Eingangsrechnungen sind im Falle des Leistungsbezugs durch eine Gemeinschaft, die nicht selbst Unternehmer ist, durch einen Gemeinschafter im Original aufzubewahren. Die übrigen Gemeinschafter müssen - so zumindest der Wille der Verwaltung4 - jeweils eine Ablichtung der Rechnung aufbewahren.
Der Leistungsbezug durch den jeweiligen Gemeinschafter hat auch Auswirkungen auf die Optierung. Sind bei der Vermietung an mehrere Personen die einzelnen Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen, kann der Vermieter nur insoweit optieren, als der Vermietungsumsatz an einen unternehmerisch tätigen Gemeinschafter ausgeübt wird5. Mieten z. B. Ehegatten lt. Mietvertrag Räume zum Betrieb eines Ladenlokals, welches nur von einem der Ehegatten als Unternehmer geführt wird, so sind die Ehegatten regelmäßig jeweils hälftig Leistungsempfänger der Vermietung, wenn sie nicht gemeinsam (z. B. als GbR) unternehmerisch tätig sind. Die Option i. S. des § 9 UStG kommt im Hinblick auf die Vermietung sodann nur zur Hälfte in Frage, denn nur einer der Ehegatten betreibt als Unternehmer das Ladenlokal.

Auswirkung auf Option

b)

Bruchteilsgemeinschaft ist selbst Unternehmer (eigene Außenumsätze)

Gemeinschaft kann selbst Unternehmer sein

Ist die Bruchteilsgemeinschaft selbst Unternehmer, weil sie eigene Ausgangsumsätze erzielt (Stichwort: konkludente GbR), gelten die obigen Grundsätze nicht. Stattdessen erfolgt hier der Leistungsbezug direkt durch die Gemeinschaft, die als Unternehmer sodann auch - unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG - vorsteuerabzugsberechtigt ist.

Praxishinweis

Die den obigen Grundsätzen entgegenstehenden BMF-Schreiben6 werden aufgehoben.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteil v. 28.8.2014 V R 49/13, BFH/NV 2015 S. 128.
  2.  ]BFH, Urteil v. 31.5.2017 XI R 40/14, BFH/NV 2017 S. 1396.
  3.  ]Abschn. 15.2a Abs. 3 Satz 8 f. UStAE.
  4.  ]Abschn. 14b.1 Abs. 1 Satz 3 UStAE.
  5.  ]BFH, Urteil v. 1.2.2001 V R 79/99, BStBl 2008 II S. 495.
  6.  ]BMF, Schreiben v. 1.12.2006 IV A 5 - S 7300-90/06, BStBl 2007 I S. 90; v. 9.5.2008 IV A 5 - S 7300/07/0017, BStBl 2008 I S. 675.