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DBA Schweiz - Leitender Angestellter

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Gericht / Az:
BFH, Urteil vom 30.9.2020 I R 60/17
Fundstelle:
juris
Gesetz:
Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz

Die Vorschrift ist nach dem Sinn und Zweck auszulegen

Die Vorschrift des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz enthält keine abschließende (enumerative) Aufzählung hinsichtlich des im Unternehmen geführten Titels. Unter die Vorschrift fallen auch Personen, die in zivilrechtlicher Sicht die Stell­ung eines Vorstandsmitglieds, Direktors, Geschäftsführers oder Pro­ku­ris­ten haben. Damit kommt es darauf an, dass die betreffende Person eine Leitungs- und Vertretungsvollmacht hat, die mit dem vorstehend ge­nann­ten Per­so­nen­kreis vergleichbar ist1.

Bedeutung des Ein­trags im Schwei­zer Han­dels­register

Es kommt nicht darauf an, ob die Vertretungsregelung mit Funk­ti­ons­be­schrei­bung im Schweizer Handelsregister eingetragen ist. Ein sog. Zirkula­ti­ons­be­schluss des Verwaltungsrats mit „Vertretungsvollmacht zu zweien“ kann aus­reichend sein. Allein aus der Eintragung im Schweizer Han­dels­re­gis­ter ohne Funktionsbeschreibung kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Vo­raus­setzungen des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz erfüllt sind. Diese sind nach­zu­weisen. Eine spätere und rückwirkende Eintragung im Schweizer Han­dels­register ist unschädlich und anzuerkennen2.

Rechtsfolgen der Bejahung des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz

Sind die Voraussetzungen erfüllt, dann hat die Schweiz bei einem Grenz­gän­ger i. S. von Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz das Besteuerungsrecht, so­weit mehr als 60 sog. Nichtrückkehrtage3 vorliegen. Die Besonderheiten in Corona-Zeiten sind zu beachten4. Auswirkungen hat die Reduzierung der Nichtrückkehrtage vor allem bei leitenden Angestellten. Die Steuerfreiheit kommt aber nur in­so­weit in Betracht, als die Tätigkeit in der Schweiz ausgeübt wird; damit nicht für eine Tätigkeit in einer Tochtergesellschaft im Drittland. Unschädlich ist je­doch die Ausübung einer Tätigkeit in einem Drittland oder Deutschland, welche Aus­fluss der Tätigkeit in der Schweiz ist (z. B. Dienst­reisen)5.

Praxishinweise

Üblich sind in der Schweiz zwischenzeitlich „Titel“, die nicht mit dem Wort­laut des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz im Einklang stehen, man denke z. B. an den „Vice-President“.
Die Zugehörigkeit zum Bereich des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz ist durch geeignete Unterlagen nachzuweisen. Dies können neben der Kopie der Eintragung im Schweizer Handelsregister, der Gesellschaftsvertrag, das Organisationsreglement oder der Arbeitsvertrag sein. Am Besten ist alles wegen der erhöhten Beweislast vorzulegen.
Die Prüfung der Zugehörigkeit zum Regelungsbereich des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz erfolgt auf der Ebene der Tatsacheninstanz.

Fußnoten anzeigen


  1.  ]FG Baden-Württemberg, Urteil v. 15.10.2015 K 2913/13, EFG 2016 S. 1061; vgl. hierzu auch BerP 12/2015 S. 665.
  2.  ]FG Münster, Urteil v. 21.3.2019 6 K 2185/17 E, EFG 2019 S. 958.
  3.  ]Vgl. BerP 12/2018 S. 731 und 6/2014 S. 322.
  4.  ]Vgl. hierzu BerP 5/2020 S. 283.
  5.  ]BFH, Urteile v. 25.10.2006 I R 81/04, BStBl 2010 II S. 778; v. 11.11.2009 I R 83/08, BStBl 2010 II S. 781.