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Haftung von Steuerberatern

Kategoriegrafik
Gesetz:
§ 280 BGB , § 631 BGB
Problemstellung:
Wann haftet ein Steuerberater?

In jüngster Zeit nehmen die Ansprüche gegen Steuerberater zu. Nachstehend wird ein Überblick über aktuelle Entscheidungen gegeben.

Übernahme von Werten des Vorberaters

Mandatsübernahme

Im Streitfall1 wurde eine -viel- zu niedrige AfA (206 € anstatt 3.130 €) übernommen. Das OLG Braunschweig ist der Auffassung, dass bei einer Mandatsübernahme die bisherige Behandlung zu hinterfragen und ggf. zu überprüfen ist2.

Jahresabschlusserstellung

Insolvenzproblematik

Haftung wegen In­sol­ven­zschäden

In BerP 6/2020 Seite 332 haben wir ergänzend zu den Ausführungen in BerP 5/2017 Seite 285 vor dem Hintergrund der Corona-Krise auf die Risiken bei der Jahresabschlusserstellung hingewiesen.

Going-Concern/po­si­tive Fort­füh­rungs­prog­nose

Die vom BGH3 entwickelten Grundsätze werden nun in der Folge­recht­sprechung4 umgesetzt. Eine Haftung kann nur dann abgewendet werden, wenn die insolvenzrechtliche Prüfung nicht Gegenstand des Auftrags war und dies im Auftrag eindeutig zum Ausdruck gebracht wird. Allerdings darf auch in diesem Fall nur dann nach Going-Concern-Grundsätzen bilanziert wer­den, wenn eine positive Fortführungsprognose vorliegt5. Selbige muss dann durch einen sachverständigen Dritten erstellt sein. U.E. ist dann im Er­stel­lungsbericht darauf hinzuweisen.

Notwendige Be­leh­rung über die In­solvenz­prob­le­matik

Die Notwendigkeit einer Fortführungsprognose hat zur zwangsläufigen Konsequenz, dass der Geschäftsführer einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG auf einen möglichen Insolvenzgrund und die Insolvenzantragspflicht hinzuweisen ist. Ergänzend zur Arbeitsgemeinschaft 6/2020 haben wir hierzu ein Musterschreiben auf unserer Homepage dort hinterlegt.

Keine Haftung, wenn er­kenn­bar da­mit aus­ein­ander­gesetzt

Das Positive an der Entscheidung des OLG Schleswig ist, dass der Scha­dens­ersatzanspruch des Insolvenzverwalters abgewiesen wurde, weil der StB sich mit dem Geschäftsführer nachweislich mit der Insolvenz­prob­le­ma­tik auseinandergesetzt hat.

Entwurf des SanInsFoG

Zwischenzeitlich liegt der Referentenentwurf des Sa­nierungs­rechts­fort­ent­wicklungsgesetzes vor, welcher einschneidende Veränderungen vorsieht.

Schutzschirm­ver­fah­ren

Das Gesetz soll die Restrukturierung von Unternehmen erleichtern; so wird das sog. Schutzschirmverfahren neu geregelt6.

Prognosezeitraum

Danach soll der Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung von zwölf Monaten auf vier Monate verkürzt werden (Art. 10 Abs. 4; Einfügung eines § 4 in das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz), wenn der Schuldner

am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig war,
im letzten vor dem 1.1.2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erzielt hat und
der Umsatz aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Kalenderjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 40% eingebrochen ist.

Änderung des StBerG

Einschneidend ist eine geplante Änderung des StBerG (Art. 19; Einfügung eines § 57 Abs. 5). Damit wird der Steuerberater verpflichtet, bei der Er­stel­lung des Jahresabschlusses zu prüfen, ob es Gründe gibt, die der Fort­füh­rung des Unternehmens entgegenstehen. Es besteht danach die Verpflichtung, auf das mög­liche Vorliegen eines Insolvenzgrundes nach den §§ 17 bis 19 InsO und die Fol­gen hinzuweisen.

Erweiterung der Haf­tungs­prob­le­ma­tik

Diese Änderung wird noch mehr dazu führen, dass der Insolvenzverwalter An­sprüche gegen den Jahresabschlussersteller geltend macht. Die Ein­schrän­kung im Auftrag, dass die Prüfung der Insolvenzproblematik nicht Gegenstand des Auftrags war, kann dann nicht mehr helfen. Wichtig -und das schon heute- ist, dass in den Handakten festgehalten wird, welche Unterlagen zur Jah­res­ab­schluss­erstellung übergeben wurden. Es wird sich dann gleichwohl die Frage stellen, warum nicht weitere Unterlagen angefordert wurden.

WPO

Eine entsprechende Regelung soll es für Wirtschaftsprüfer geben (Art. 21; § 43 Abs. 7 WPO).

Inkrafttreten

Das Gesetz soll ab dem 1.1.2020 gelten (Art. 27).

Bilanzierungsfehler

Falsche Bilanz­ierung

Wird vorgetragen, es sei eine Rückstellung zu Unrecht nicht passiviert wor­den, so ist nachzuweisen, dass der unzutreffende Jahresabschluss auf einer Fehlleistung des Steuerberaters beruht7. Dies setzt voraus, dass der Steuer­be­rater aufgrund seines Auftrags und der auftragsgemäß beigezogenen Un­ter­lagen das Risiko erkennen konnte. Deswegen ist es wichtig, den Auftrag und die beigezogenen Unterlagen im Erstellungsbericht zu benennen.

Rechtsprechungsänderung

Keine Antizipation einer Rechtsprech-ungsänderung

Eine Haftung besteht nicht, wenn das BVerfG eine Rechtsprechung des BFH auf­hebt und nicht absehbar war, dass dies erfolgen könnte8. Im Streitfall wur­den Bescheide bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht offen­ge­halten.

Abschlusshinweise

Corona-Sofort­hilfen

Gerade in Zeiten der „Corona-Krise“ ist der Frage der Haftung eine besondere Bedeutung beizumessen. Haben die Mandanten zu Unrecht ohne Mitwirkung des Steuerberaters Soforthilfen beantragt, so verbietet es der § 203 StGB, sel­bi­ges ohne Zustimmung der Mandanten offen zu legen. Im Übrigen ist dazu der StB nach § 3 RDG nicht befugt. Hat der StB mitgewirkt, so gilt das Gleiche, weil es bei Wirtschaftsdelikten keine strafbefreiende Selbstanzeige gibt. Müssen die Soforthilfen zurückbezahlt werden und wurde darauf nicht hin­ge­wiesen, so dürften sich wohl Ansprüche des Mandanten ergeben.

Corona-Über­brückungs­hilfen

Sog. „Corona-Überbrückungshilfen“ setzen eine Bestätigung des Steuer­be­ra­ters voraus9. Damit ist eindeutig, dass bei einer falschen Bescheinigung der Steuer­berater nach allgemeinen Grundsätzen haftet.

Corona und In­sol­venz

Es ist geplant, die Erleichterungen im Insolvenzrecht10 zum 31.12.2020 zu ver­längern. So gut dies im ersten Augen­blick klingt, es wird Probleme geben. Es gibt Un­ternehmen, die wären evtl. am 30.9.2020 mit dem Schutz­schirm­ver­fah­ren11 zu retten gewesen. In vielen Fällen wird aber nach Ab­lauf der Er­leich­te­rungsfrist der Weg in die Insolvenz erfolgen. Vor­aus­setzung zur Anwendung der Er­leichterungen nach dem CovInsAG war aller­dings, dass am 31.12.2019 keine krisenhafte Situation bestand. Dies hat in vielen zur Konsequenz, dass eine positive Fortführungsprognose vorliegen muss12. Dem ist vor dem Hin­ter­grund der Ausführungen in der Tz. 2.1 eine be­son­dere Bedeutung beizu­mes­sen.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]OLG Braunschweig, Urteil v. 12.2.2020 11 U 142/18, DStR 2020 S. 1759.
  2.  ]So auch Waclawik, DStR 2020 S. 1759.
  3.  ]BGH, Urteil v. 26.1.2017 IX ZR 285/14, DStR 2017 S. 942.
  4.  ]OLG Schleswig, Urteil v. 29.11.2019 17 U 80/90, DStR 2020 S. 1275 (NZBeingelegt, Az. IX ZR 301/19.
  5.  ]Hölscheidt, NWB 2020 S. 2326, Tz. 2.; Meixner/ Schröder, DStR 2020 S. 1275
  6.  ]Siehe hierzu auch BerP 6/2020 S.336.
  7.  ]LG Münster, Urteil v. 24.10.2018 110 O 36/17, StB 2020 S. 116.
  8.  ]OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.7.2019 23 U 180/18, DStR 2020 S. 1068 mit Besprechung durch; Meixner/ Schröder.
  9.  ]Vgl. BerP 7/2020 S. 392.
  10.  ]Vgl. BerP 5/2020 S. 285 ff .
  11.  ]Vgl. BerP 6/2020 S. 332.
  12.  ]Vgl. BerP 6/2020 S. 333, Abs. 3.