In jüngster Zeit nehmen die Ansprüche gegen Steuerberater zu. Nachstehend wird ein Überblick über aktuelle Entscheidungen gegeben.
Übernahme von Werten des Vorberaters
Jahresabschlusserstellung
Insolvenzproblematik
Haftung wegen Insolvenzschäden
In BerP 6/2020 Seite 332 haben wir ergänzend zu den Ausführungen in BerP 5/2017 Seite 285 vor dem Hintergrund der Corona-Krise auf die Risiken bei der Jahresabschlusserstellung hingewiesen.
Going-Concern/positive Fortführungsprognose
Die vom BGH3 entwickelten Grundsätze werden nun in der Folgerechtsprechung4 umgesetzt. Eine Haftung kann nur dann abgewendet werden, wenn die insolvenzrechtliche Prüfung nicht Gegenstand des Auftrags war und dies im Auftrag eindeutig zum Ausdruck gebracht wird. Allerdings darf auch in diesem Fall nur dann nach Going-Concern-Grundsätzen bilanziert werden, wenn eine positive Fortführungsprognose vorliegt5. Selbige muss dann durch einen sachverständigen Dritten erstellt sein. U.E. ist dann im Erstellungsbericht darauf hinzuweisen.
Notwendige Belehrung über die Insolvenzproblematik
Die Notwendigkeit einer Fortführungsprognose hat zur zwangsläufigen Konsequenz, dass der Geschäftsführer einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG auf einen möglichen Insolvenzgrund und die Insolvenzantragspflicht hinzuweisen ist. Ergänzend zur Arbeitsgemeinschaft 6/2020 haben wir hierzu ein Musterschreiben auf unserer Homepage dort hinterlegt.
Keine Haftung, wenn erkennbar damit auseinandergesetzt
Das Positive an der Entscheidung des OLG Schleswig ist, dass der Schadensersatzanspruch des Insolvenzverwalters abgewiesen wurde, weil der StB sich mit dem Geschäftsführer nachweislich mit der Insolvenzproblematik auseinandergesetzt hat.
Entwurf des SanInsFoG
Zwischenzeitlich liegt der Referentenentwurf des Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetzes vor, welcher einschneidende Veränderungen vorsieht.
Schutzschirmverfahren
Das Gesetz soll die Restrukturierung von Unternehmen erleichtern; so wird das sog. Schutzschirmverfahren neu geregelt6.
Prognosezeitraum
Danach soll der Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung von zwölf Monaten auf vier Monate verkürzt werden (Art. 10 Abs. 4; Einfügung eines § 4 in das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz), wenn der Schuldner
Änderung des StBerG
Einschneidend ist eine geplante Änderung des StBerG (Art. 19; Einfügung eines § 57 Abs. 5). Damit wird der Steuerberater verpflichtet, bei der Erstellung des Jahresabschlusses zu prüfen, ob es Gründe gibt, die der Fortführung des Unternehmens entgegenstehen. Es besteht danach die Verpflichtung, auf das mögliche Vorliegen eines Insolvenzgrundes nach den §§ 17 bis 19 InsO und die Folgen hinzuweisen.
Erweiterung der Haftungsproblematik
Diese Änderung wird noch mehr dazu führen, dass der Insolvenzverwalter Ansprüche gegen den Jahresabschlussersteller geltend macht. Die Einschränkung im Auftrag, dass die Prüfung der Insolvenzproblematik nicht Gegenstand des Auftrags war, kann dann nicht mehr helfen. Wichtig -und das schon heute- ist, dass in den Handakten festgehalten wird, welche Unterlagen zur Jahresabschlusserstellung übergeben wurden. Es wird sich dann gleichwohl die Frage stellen, warum nicht weitere Unterlagen angefordert wurden.
WPO
Eine entsprechende Regelung soll es für Wirtschaftsprüfer geben (Art. 21; § 43 Abs. 7 WPO).
Inkrafttreten
Das Gesetz soll ab dem 1.1.2020 gelten (Art. 27).
Bilanzierungsfehler
Falsche Bilanzierung
Wird vorgetragen, es sei eine Rückstellung zu Unrecht nicht passiviert worden, so ist nachzuweisen, dass der unzutreffende Jahresabschluss auf einer Fehlleistung des Steuerberaters beruht7. Dies setzt voraus, dass der Steuerberater aufgrund seines Auftrags und der auftragsgemäß beigezogenen Unterlagen das Risiko erkennen konnte. Deswegen ist es wichtig, den Auftrag und die beigezogenen Unterlagen im Erstellungsbericht zu benennen.
Rechtsprechungsänderung
Keine Antizipation einer Rechtsprech-ungsänderung
Eine Haftung besteht nicht, wenn das BVerfG eine Rechtsprechung des BFH aufhebt und nicht absehbar war, dass dies erfolgen könnte8. Im Streitfall wurden Bescheide bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht offengehalten.
Abschlusshinweise
Corona-Soforthilfen
Gerade in Zeiten der „Corona-Krise“ ist der Frage der Haftung eine besondere Bedeutung beizumessen. Haben die Mandanten zu Unrecht ohne Mitwirkung des Steuerberaters Soforthilfen beantragt, so verbietet es der § 203 StGB, selbiges ohne Zustimmung der Mandanten offen zu legen. Im Übrigen ist dazu der StB nach § 3 RDG nicht befugt. Hat der StB mitgewirkt, so gilt das Gleiche, weil es bei Wirtschaftsdelikten keine strafbefreiende Selbstanzeige gibt. Müssen die Soforthilfen zurückbezahlt werden und wurde darauf nicht hingewiesen, so dürften sich wohl Ansprüche des Mandanten ergeben.
Corona-Überbrückungshilfen
Sog. „Corona-Überbrückungshilfen“ setzen eine Bestätigung des Steuerberaters voraus9. Damit ist eindeutig, dass bei einer falschen Bescheinigung der Steuerberater nach allgemeinen Grundsätzen haftet.
Corona und Insolvenz
Es ist geplant, die Erleichterungen im Insolvenzrecht10 zum 31.12.2020 zu verlängern. So gut dies im ersten Augenblick klingt, es wird Probleme geben. Es gibt Unternehmen, die wären evtl. am 30.9.2020 mit dem Schutzschirmverfahren11 zu retten gewesen. In vielen Fällen wird aber nach Ablauf der Erleichterungsfrist der Weg in die Insolvenz erfolgen. Voraussetzung zur Anwendung der Erleichterungen nach dem CovInsAG war allerdings, dass am 31.12.2019 keine krisenhafte Situation bestand. Dies hat in vielen zur Konsequenz, dass eine positive Fortführungsprognose vorliegen muss12. Dem ist vor dem Hintergrund der Ausführungen in der Tz. 2.1 eine besondere Bedeutung beizumessen.
Fußnoten anzeigen ↓
- [ ↑ ]OLG Braunschweig, Urteil v. 12.2.2020 11 U 142/18, DStR 2020 S. 1759.
- [ ↑ ]So auch Waclawik, DStR 2020 S. 1759.
- [ ↑ ]BGH, Urteil v. 26.1.2017 IX ZR 285/14, DStR 2017 S. 942.
- [ ↑ ]OLG Schleswig, Urteil v. 29.11.2019 17 U 80/90, DStR 2020 S. 1275 (NZBeingelegt, Az. IX ZR 301/19.
- [ ↑ ]Hölscheidt, NWB 2020 S. 2326, Tz. 2.; Meixner/ Schröder, DStR 2020 S. 1275
- [ ↑ ]Siehe hierzu auch BerP 6/2020 S.336.
- [ ↑ ]LG Münster, Urteil v. 24.10.2018 110 O 36/17, StB 2020 S. 116.
- [ ↑ ]OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.7.2019 23 U 180/18, DStR 2020 S. 1068 mit Besprechung durch; Meixner/ Schröder.
- [ ↑ ]Vgl. BerP 7/2020 S. 392.
- [ ↑ ]Vgl. BerP 5/2020 S. 285 ff .
- [ ↑ ]Vgl. BerP 6/2020 S. 332.
- [ ↑ ]Vgl. BerP 6/2020 S. 333, Abs. 3.