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Steuerliche Behandlung von Erst­aus­bil­dungs­kosten ver­fas­sungs­ge­mäß

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Gericht / Az:
BVerfG, Beschluss vom 19.11.2019 2 BvL 22/14, 2 BvL 27/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 23/14
Fundstelle:
juris
Gesetz:
§ 19 EStG , § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG , § 9 Abs. 6 EStG
Streitfrage:
Sind Erstausbildungskosten vorweggenommene Werbungskosten oder nur als Sonderausgaben abzugsfähig?

Erstausbil­dungs­kosten sind bis 6.000 € als SA ab­zugs­fähig

Nach der Entscheidung des BFH vom 28.7.20111 sind die Kosten der Erst­aus­bildung als (vorweggenommene) Werbungskosten ab­zugsfähig, soweit diese Auf­wendungen nach dem Ver­an­lassungsprinzip einer späteren be­ruf­lichen Tä­tig­keit zuzu­ordnen sind. Diese günstigere Recht­sprechung wur­de durch das BeitrRLUmsG rückwirkend besei­tigt. Da­nach stellt die erst­ma­li­ge Be­rufs­aus­bildung oder das Erststudium entgegen der Recht­sprechung des BFH keine Be­triebs­aus­ga­ben bzw. Wer­bungs­kosten dar. Statt­des­sen sind sie bis zu einem Betrag von 6.000 € nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 9 Abs. 6 EStG als Sonderaus­gaben abzugsfähig.

Keine verfas­sungs­recht­lichen Zwei­fel an dieser Re­ge­lung

An dieser Regelung gibt es nach Ansicht des Bundesverfassungs­ge­richts keine verfas­sungs­rechtlichen Zweifel. § 9 Abs. 6 EStG bewirkt eine steuer­liche Un­gleich­be­hand­lung von Erst­aus­bil­dungs­kosten im Ver­gleich zu Auf­wen­dun­gen für zweite oder weitere Aus­bil­dun­gen sowie Ausbildungen im Rah­men eines Dienst­ver­hält­nis­ses.

Gründe

Für die Zuordnung der Aufwendungen für eine Erst­ausbildung zu den Son­der­aus­gaben gibt es sachlich einleuchtende Gründe:

Die erste Berufsausbildung gehört zu den Grundvoraus­set­zun­gen für die Le­bens­führung, weil sie Vor­sor­ge für die persönliche Existenz bedeutet.
Die Erstausbildung vermittelt nicht nur Berufswissen, sondern prägt die Per­so­nen in einem umfassenden Sinne und weist damit eine be­son­de­re Nä­he zur Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung auf.
Für die erstmalige Berufsausbildung besteht eine Unterhaltspflicht der El­tern.
Auch wenn die erstmalige Ausbildung stark auf einen bestimmten späteren Be­ruf ausgerichtet ist, liegt aus den vor­he­ri­gen Gründen auch eine pri­va­te Mit­ver­anlassung vor. Damit ist von einem gemischt veranlassten Aufwand aus­zu­gehen, bei dem private und berufliche Veranlassungselemente un­trennbar sind.

Daher darf der Gesetzgeber die Aufwendungen den Sonderaus­gaben zuordnen.

Auch Höchstbetrag bei den SA ist ver­fas­sungs­ge­mäß

Die Begrenzung der Sonderausgaben auf einen Höchst­betrag von 6.000 € (seit 2012) verstößt nicht gegen das Gebot der Steuerfreiheit des Existenz­mi­ni­mums. Der existenzielle Be­darf des Aus­zu­bil­denden wird während der Erst­aus­bil­dung grundsätzlich durch die zivil­recht­liche Unterhaltspflicht der Eltern oder durch Leistun­gen nach dem Bun­des­aus­bil­dungs­förderungsgesetz gedeckt.

Damit sind Ausbildungskosten wie folgt steuerlich abzugs­fähig:

Eine ausführliche Besprechung erfolgt in unseren Arbeitsgemeinschaften Beratungspraxis 2/2020 sowie Immer aktuell I/2020.


Fußnoten anzeigen


  1.  ]BFH, Urteile v. 28.7.2011 VI R 38/10, BStBl 2012 II S. 561; VI R 7/10, BStBl 2012 II S. 557; VI R 5/10, BStBl 2012 II S. 553; vgl. auch B. Neufang/M. Neufang, StB 2011 S. 350.