- Gericht / Az:
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BFH, Urteil vom 3.7.2019 VI R 36/17
- Fundstelle:
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juris
- Gesetz:
- § 23 Abs. 1 EStG
- Streitfrage:
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Ist eine Zwangsenteignung eine Veräußerung i. S. des § 23 EStG?
Anschaffung bei § 23 EStG
Veräußerung bei § 23 EStG
Der Verkauf eines privat genutzten Grundstücks, bei dem zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre liegen, ist nach § 22 Nr. 2 EStG i. V. mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig. Unter dem Begriff der Anschaffung1 i. S. des § 23 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung ein entgeltlicher Erwerb zu verstehen2 und damit der Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes. Eine Veräußerung3 i. S. von § 23 Abs. 1 EStG liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut entgeltlich auf einen Dritten übertragen wird.
Urteilsfall
Im Urteilsfall führte eine Stadt ein Bodensonderungsverfahren durch und erließ einen Sonderungsbescheid nach dem Bodensonderungsgesetz, mit dem das Eigentum an einem Grundstück auf die Stadt überging. Der Grundstückbesitzer hat dafür eine Entschädigungszahlung erhalten.
Übertragung muss vom Willen des Steuerpflichtigen ausgehen
Die Veräußerung führt nicht zu einem steuerpflichtigen privaten Veräußerunggeschäft, denn der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung auf einen Dritten müssen wesentlich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen. Dies ist bei einer Enteignung nicht erfüllt. Der Verlust des Eigentums am Grundstück findet bei einer Enteignung ohne maßgeblichen Einfluss des Steuerpflichtigen (und ggf. auch gegen seinen Willen) statt.
Praxishinweis
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- [ ↑ ]H 23 EStH „Anschaffung“.
- [ ↑ ]BFH, Urteil v. 22.9.1987 IX R 15/84, BStBl 1988 II S. 250; H 23 EStH „Anschaffung“.
- [ ↑ ]H 23 EStH „Veräußerung“.
- [ ↑ ]BFH, Urteile v. 29.6.1962 VI 82/61 U, BStBl 1962 III S. 387; v. 16.1.1973 VIII R 96/70, BStBl 1973 II S. 455.
- [ ↑ ]BFH, Urteil v. 2.4.1974 VIII R 76/69, BStBl 1974 II S. 540; BVerfG, Beschluss v. 16.8.1977 1 BvR 836/76, HFR 1977 S. 510; H 23 EStH „Veräußerungsfrist“.