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Abgrenzung von Eigenhandel und Vermittlung beim Verkauf von Telefonkarten

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Die umsatzsteuerliche Beurteilung des Handels mit Telefonkarten (oft bekannt als sog. calling-cards) beschäftigt seit Jahren die Gerichte und die Fin­anz­ver­waltung. Zunächst musste geklärt werden, dass der Verkauf einer Tele­fon­karte keine Lieferung eines Gegenstandes darstellt, sondern der Erwerber die Telefon­karte erwirbt, um die auf der Karte befindlichen Informationen zur In­an­spruch­nahme einer Telekommunikationsleitung zu erhalten.

Die Calling-card ist eine Telefonkarte, die keinen Speicherchip enthält, sondern nur über gedruckte Informationen verfügt, über die der Kunde über das System eines Telefonanbieters ein Gesprächs­guthaben verbrauchen kann.

Die Finanzverwaltung nahm mit BMF-Schreiben vom 24.9.20121 zur umsatz­steuerlichen Behand­lung dieser Karten Stellung.

Grundsätzlich liegt danach eine Telekommunikationsleistung vor, wenn

dem Abnehmer ermöglicht wird über eine zur Verfügung gestellte Infrastruktur Anrufe zu tätigen,
eine andere technische Nutzung ausgeschlossen ist und
alle zur Tätigung der Anrufe erforderlichen Informationen mitgeteilt werden.

Dabei ist auf jeder Handelsstufe zu prüfen, ob eine Telekommunikations-dienstleistung oder eine Vermittlungsleistung vorliegt.

a) Steuerliche Behandlung des Eigenhandels

Gibt ein Telefonanbieter den Vertrieb an einen Händler weiter, welcher im eigenen Namen und auf eigene Rechnung den Verkauf tätigt, erbringt der Händler selbst eine Telekommunikationsleistung.

b) Kommissionsgeschäft

Tritt der Händler als Vermittler in eigenem Namen auf fremde Rechnung auf, liegen die Voraus­setzungen einer Dienstleistungskommission nach § 3 Abs. 11 UStG vor, in der jeder Beteiligte eine Telekommunikationsleistung erbringt.

Dabei bestimmt sich der Ort seit 1.1.2015 für Abnehmer, welche Nicht­unternehmer sind nach § 3a Abs. 5 UStG (Inland und EU Ausland), bzw. § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 UStG. Entscheidend für die Ortsbestimmung ist der Wohnsitz des Kunden (Privatperson). Für Unternehmer verbleibt es bei der Grundregel des § 3a Abs.2 UStG.

c) Agenturgeschäft

Die Vermittlungsleistung ist steuerbar und steuerpflichtig, es liegt eine Leistung zwischen zwei Unternehmern vor. Sofern der Vermittler seinen Sitz im Inland oder in der EU innehat, greift die Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 UStG.

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchstabe d UStG greift nicht, weil der Händler nicht das Guthaben nur verwaltet, sondern für diese Karten wirbt und Kunden berät (anders OFD Frankfurt am Main2, bei der Vermittlung von Telefonkarten der Deutschen Telekom).

Nun war beim BFH3 zu klären, wann dies im Rahmen eines Eigengeschäfts (in eigenem Namen und auf eigene Rechnung) und wann dies im Rahmen eines Agenturgeschäftes (in fremden Namen auf fremde Rechnung) erfolgt. Besonders für den Bereich der „Wiederverkäufer“ ist dies für die Rechtsfolge entscheidend.

Der BFH verwies die Sache zu Klärung der Rechtsverhältnisse an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zurück.

Er stellt dabei klar, dass nach der Rechtsprechung des EuGH der Begriff der Telekommunikations­dienstleistung weit auszulegen ist. Diese erfassen nicht nur die Übertragung von Signalen, sondern auch alle Leistungen die eine solche Übertragung ermöglichen. Der Weiterverkauf von Telefonkarten stellt den Verkauf einer Möglichkeit des Telefonieren dar und deshalb eine Tele­kommunikationsdienstleistung.

Eine Aussage zur Abgrenzung Eigenhand bzw. Vermittlung blieb der BFH aufgrund der fehlenden Sachverhaltsaufklärung des FG schuldig.

Es gelten die Grundsätze des Abschn. 3.7 Abs. 1 UStAE, wonach folgende Indizen für einen Eigenhandel sprechen:

Der Händler kann über das Guthaben frei verfügen, d. h. selbst nutzen oder verkaufen.
Der Händler trägt das Geschäfts- und Absatzrisiko,
Gewährleistungsansprüche des Kunden richten sich gegen den Händler

Für eine Vermittlungsleistung sprechen folgende Aspekte:

Der Händler erhält das Guthaben nur für die Vermittlung der Leistung an Kunden, wobei er eindeutig in seinen Vertragsformularen auf die Rechtsbeziehung zwischen dem Kunden und dem Netzbetreiber hinweist,
der Händler trägt kein Geschäfts- und Absatzrisiko
Gewährleistungsansprüche der Kunden richten sich an den Netzbetreiber.

Im konkreten Fall erfolgte die Veräußerung durch den Händler verdeckt, d. h. ohne Bezug zum Namen eines Netzbetreibers, die Kunden mussten lediglich vor dem Kauf den allgemeinen Ge­schäftsbedingungen des Händlers zu­stimmen, nach denen dieser vorgab, als Vermittler tätig zu sein.

Nach Aussage des BFH kann sich ein Vermittlungsgeschäft aus allen Um­stän­den des Sachverhaltes ergeben, nicht aber allein auf Grund einer Vertragsmodalität.

Im konkreten Fall war für die Kunden nicht erkennbar, dass der Händler im fremden Namen tätig ist. Da sie ein solches aber mit ihren Kunden vereinbarte, wurde sie als Vertreter ohne Ver­tretungsmacht tätigt, welches zivilrechtlich als Eigengeschäft nach §§ 177, 179 BGB zu beurteilen ist.

Praxishinweis

Der BFH folgt bei der Begriffsbestimmung der Telekommunikationsleistung dem EuGH und legt den Begriff weit, so dass bereits die Verschaffung der technischen Möglichkeit zur Erbringung einer Telefonleistung als Tele­kommunikations­dienst­leistung beurteilt werden kann.

Bei Vermittlungsgeschäften ist drauf zu achten, dass der Name des Vertretenen bei Vertrags­abschluss klar und eindeutig genannt wird.


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  1.  ]BMF, Schreiben v. 24.9.2012 IV D 2 - S 7100/08/10004:004, BStBl 2012 I S. 947.
  2.  ]OFD Frankfurt am Main, Verfügung v. 25.3.2010 S 7100 A- 172 –St 110, juris.
  3.  ]BFH, Urteil v. 10.8.2016 V R 4/16, BFH/NV 2016 S. 1862.

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